Warum verhalten sich Menschen so und nicht anders? Wir versuchen oft das Verhalten anderen Menschen zu ergründen, und versuchen dabei als „Alltags-„Psychologen1 Ursachen-Zuschreibungen vorzunehmen. Wir haben das Bedürfnis, unser Umfeldzu verstehen und sie zu kontrollieren. Dazu versuchen wir, Ereignisse und Verhaltensweisen auf Ursachen zurückzuführen. In der Psychologie nennt man das „Attribution“ oder „Kausal-Attribution„: „Er hat das getan, weil …“, „Sie hat sich so verhalten, weil …“, „Er hat den Fehler begangen, weil …“ usw.
Es gibt mehrere Attributions-Theorien, die zu erklären versuchen, wie wir uns das Verhalten anderer, aber auch unser eigenes erklären. Wie wir uns das Verhalten erklären und auch deren Wirkung (Erfolg, Misserfolg, Fehler, die passiert sind, …) Bei der Erforschung dieser Ursachen-Zuschreibung fand man typische Fehler (Attributions-Fehler) und Stile (Attributions-Stile).
Wir können unsere Zuschreibungen professionalisieren und einige Fehler vermeiden, wenn wir verstehen, wie es zu diesen Zuschreibungen kommt.
Ein besonderer Stellenwert am Verständnis solcher Zuschreibungen und deren Professionalisierung ist bei Führungskräften gegeben und auch bei allen anderen Berufen, deren Aufgabe es ist, das Verhalten anderer Menschen zu verstehen, zu beeinflussen, zu ’steuern‘ oder zu fördern
Ausgangspunkt: Verhaltens-Formel von Kurt Lewin
Als Ausgangspunkt dient uns die Verhaltens-Formel von Kurt Lewin:
V = f(P, S)
Sie besagt, dass das Verhalten einer Person (V) abhängig ist (eine Funktion ist – „= f( , )“
- von personalen Merkmalen (P) und
- vom Umfeld (U, auch situativer Einfluss genannt)
Wenn wir versuchen, das Verhalten von Personen zu erklären oder zu verstehen, dann sollen wir immer das ‚ganze psychologische Feld‚ (den ganzen Lebensraum), wie Lewin es nennt, berücksichtigen: sowohl die externen Faktoren aus dem Umfeld (incl. auch dem Verhalten anderer Personen), als auch die interner Faktoren der jeweiligen Person.2
Das führt uns gleich zum fundamentalen Attributions-Fehler:
Attributions-Fehler
In Zusammenhang mit der Lewin’schen Verhaltensformel stellt sich oft die Frage der Ursachen-Zuschreibung: Wem oder was schreibt man die Ursachen für ein bestimmtes Verhalten zu? „Warum hat er oder sie sich so verhalten?“. Es gibt eine Tendenz ins uns: Wir schreiben die Ursachen für das Verhalten einer Person bevorzugt ihren eigenen Merkmalen3 zu. „Du hast dich so verhalten, weil du so bist.“ Vernachlässigt wird dabei der Einfluss der Situation. „Du hast dich so verhalten, weil dich die Situation dazu gedrängt hat.“
zu attribuieren (Attribution = Zuschreibung) und nicht den Merkmalen der Situation.
In der Sozialpsychologie gibt es zahlreiche Belege dafür: Wir überschätzen den Einfluss der personalen Merkmale (‚interne Attribution‘) und unterschätzen den situativen Einfluss (externe Attribution), d. h. den Einfluss äußerer Faktoren. Diese Art der Zuschreibung wird auch „fundamentaler Attributionsfehler„4 genannt.
Die primitivste Form ist die Dispositions-Theorie: Wir schreiben das Verhalten einer Person einer Disposition, einer vermuteten Eigenschaft bzw. seiner ‚Persönlichkeit‘5 zu: „Er ist halt so.“ oder z. B. „Du bist eine Perfektionistin, deshalb hast du so lange für diese Aufgabe gebraucht.“
Übung zum Attributionsfehler
Untersuchen Sie diese Tendenz bei sich selbst:
Erinnern sie sich an eine Situation, in der eine Person spezielle Verhaltensweisen gezeigt hat: Vielleicht hat sie sich eigenartig oder unerwartet verhalten oder hat Handlungen gezeigt, die alle überrascht oder enttäuscht haben, vielleicht hat diese Person Fehler gemacht oder einen Misserfolg verzeichnet. Vielleicht hat sie auch inadäquates Verhalten gezeigt, jemand beschimpft oder abgewertet oder ist laut oder ausfällig geworden.
Lassen Sie ein Bild dieser Situation in sich entstehen und überlegen Sie, wie es zu diesem Verhalten gekommen ist. Warum hat sich diese Person so und nicht anders verhalten? Warum hat sich nicht ’normal‘6 verhalten.
Nehmen Sie einen Zettel und schreiben sie ca. 10 mögliche Gründe für dieses Verhalten auf.
Die Auswertung finden Sie am Ende – nach den Literaturhinweisen.
Interne und externe Attribution: Fritz Heider
Die Theorie dahinter, wie Personen vorgehen, um kausale Erklärungen für das Verhalten von Menschen zu finden, wird ‚Attributionstheorie‚ genannt.7 Deren Wurzel gehen auf Fritz Heider, einem österreichischen Gestalt-Psychologen zurück.8
Heider entwickelte die Differenzierung zwischen interner und externer Attribution:
- Interne Attribution: Wir schreiben die Ursachen des Verhaltens einer Person der handelnden Person selbst zu: ihren Eigenschaften, ihrer Persönlichkeit, ihrem Charakter, ihren Einstellungen und Überzeugungen, …
- Externe Attribution: Hier nehmen wir an, die Ursachen für ein bestimmtes Verhalten liegen im Umfeld, in der Situation.
Heider war von der Dominanz der internen Ursachen-Zuschreibung überzeugt. Als ’naive Alltags-Psychologen‘ schreiben wir die Ursachen für Verhalten einfach dieser Person zu. (siehe oben)
Figur-Grund-Wahrnehmung machen Attributions-Fehler plausibel
Dieser Fehler kann auch sehr gut aus dem Hintergrund der Figur-Grund-Wahrnehmung der Gestalt-Psychologie plausibel gemacht werden. Hier wird unterschieden, was als Figur / Gestalt bzw. Vordergrund und was als Grund bzw. Hintergrund wahrgenommen wird. Die Gestalt benötigt einen Hintergrund, sie hebt sich vom Hintergrund ab bzw. tritt aus ihr heraus.
Übungen aus der Warhrnehmungs-Psychologie zu diesen Phänomenen sind sehr bekannt, z. B. Kippbilder „Meine Frau – meine Schwiegermutter“ bzw. „schwarze Gesichter – weiße Vase“. Diese Vorder- / Hintergrund-Phänomene gibt es auch in der sozialen Wahrnehmung und machen den fundamentalen Attributionsfehler plausibel.
Nehmen wir ein Beispiel aus dem Führungsalltag: Mangelnde Leistung / Misserfolg eines Mitarbeiters.
- Aus der Sicht des Vorgesetzten ist das die Arbeits-Situation relativ konstant und daher im Hintergrund. Die Aufgaben der Abteilung, die soziale Struktur, das Klima, die Organisations-Struktur usw. sind relativ konstant. Viele Mitarbeiter bringen eine akzeptable oder gute Leistung, ein Mitarbeiter nicht. Was ist die vermutete Ursache / was ist im Vordergrund: Merkmale des Mitarbeiters, sein Verhalten, sein Können, seine Motivation / sein Wollen, … „Kann er nicht oder will er nicht?“ ist die Frage, die sich Führungskräfte in solchen Fällen oft stellen.
- Anders die Sicht des Mitarbeiters: Er erlebt sich selbst als konstant: „Ich bin immer derselbe“. In manchen Situationen stimmt die Leistung / er hat Erfolg, bringt gute Ergebnisse. In anderen Situationen ist die Leistung weniger gut. Was ist die Ursache: Sie liegen für ihn offensichtlich im Vordergrund: Vielleicht die Arbeitsbedingungen, die Schwierigkeit einer Aufgabe oder eines Projekts, die mangelnde Kooperation im Team, Probleme mit den Schnittstellen usw. Ich selbst bin konstant und daher im Hintergrund. Die Situation, Arbeitsbedingungen usw. wechseln, sie sind im Vordergrund und daher die Ursache für unterschiedliche Leistung.
Unterschiedliche Attributionsfehler
Der fundamentale Attributionsfehler heißt auch „Korrespondenzneigung“: Es besteht eine Korrespondenz zwischen dem Verhalten und einer korrespondierenden Disposition: Zurückhaltendes Verhalten – introvertierte Persönlichkeit, aggressives Verhalten – aggressive Persönlichkeit …
Der fundamentale Attributionsfehler ist nur einer von vielen. Schreiben wir z. B. das Verhalten von Menschen ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe zu, so spricht man auch vom ‚ultimativen Attributionsfehler‚ („Er sie handelt so, weil er Ausländer ist, Künstler ist, Beamter ist, Anhänger einer bestimmten Partei, … ist.)
Neben interner und externer Attribution (Ursachen bei mir oder im Umfeld) unterscheidet man auch stabile und variable Attribution. Stabile Attribution geht bezieht sich auf stabiles Verhalten, variable Attribution geht davon aus, dass Verhalten schwankt, je nach Umfeld.9
Der Attributions-Stil bestimmt Erfolg und Misserfolg von Beziehungen / Partnerschaften
Gabriela Schmid-Kloss untersuchte in einer Studie langjährige Ehe-Paare, die ihre Partnerschaft als „glücklich“ bezeichneten. 10 Was macht Partnerschaften zu glücklichen Beziehungen? Die Studien zeigten:
- Was wirklich zählt ist (psychische) Ähnlichkeit der Partner (Homogamie = Partnerwahl nach Ähnlichkeiten im Gegensatz zur Heterogamie )
- ganz entscheidend waren ähnliche Attributionen zum Verhalten und zur Person des Partners.
* Zu den Ähnlichkeiten der Partner: Die glücklichen Paare hatten ähnliche Werte, ähnliche Überzeugungen, wählten die gleiche Partei, … Dabei kommt es nicht darauf an, wie ähnliche die Paare ‚wirklich sind‘, sondern vor allem, wie ähnlich sie sich erleben?11 Und es ist nicht das Aneinander-Gewöhnen, sondern diese Ähnlichkeiten bestanden von Anfang an.12
* Zu den ähnlichen Attributionen: Hier fiel auf, wie ähnlich glückliche Paare über ihre Partner sprachen und es waren ‚konstruktiv wohlwollende Attributionen„.13 Sie betonten die Bedeutung der positiven Erfahrungen und gaben der Bedeutung der negativen Erfahrungen weniger Gewicht. Bei unglücklichen Paaren war es genau umgekehrt.14
Bei Paaren mit großer Unterschiedlichkeit hingegen besteht die Gefahr einer ‚Wechsel-Attribution‚: die unterschiedlichen Merkmale wirken anfangs positiv („Gegensätze ziehen sich an.“), verwandeln sich im Laufe der Zeit oft ins Gegenteil. Der kreative Anders-Denker wird so zum Chaoten und der strukturierte Ordnungsmensch zum verengten Zwangsneurotiker.
Die Studien von Fincham u. a. weisen in eine ähnliche Richtung.15 Der Attributions-Stil beeinflusst das Gelingen einer Partnerschaft.
- Zufriedene Partner attribuieren die positiven Verhaltensweisen internal, stabil und global.
Sie attribuieren negatives Verhalten des Partners external, variabel, spezifisch. - Unzufriedene attribuieren genau umgekehrt.
Vereinfacht gesagt: In erfolgreichen, glücklichen Partnerschaften führen die Partner dies auf die Person des Partners zurück. Ihr ‚Charakter‘ oder andere personale Merkmale sind dafür verantwortlich und das stabil (dauernd) und global (in weitgehend allen Situationen).16
Beispiele für unterschiedliche Attributions-Stile finden sich im bekannten ‚Pschyrembel‘17:
Das Kovariations-Modell: Harold Kelley
Harold Kelley entwirft eine Weiterentwicklung der klassischen Attributions-Theorie von Heider: Er überlegt, wovon es abhängt, ob eine Person so oder anders attribuiert. Unter welchen Bedingungen attribuieren wir intern oder extern (oder bezeichnen es als Ausnahme). Worauf schauen wir, ob wir so oder anders attribuieren? Laut Kelley auf 3 Variablen:
- Konsistenz (consistency, andere nennen es „Stabilität„): Verhält sich sie Person immer oder meistens so? (dann ist es ein stabiles Verhaltens-Muster) oder nur in Ausnahmefällen (hohe versus niedrige Konsistenz)
- Konsensus: (consensus) Reagieren sehr viele / alle Personen in so einer Situation ähnlich oder gleich (hoher Konsensus) oder nur wenige (niedriger Konsensus)
- Distinktheit (distinctiveness, Globalisierungsgrad – global oder spezifisch): Verhält sich die Person nur in dieser oder ähnlichen Situationen (auf einen bestimmten Stimulus) so (hohe Distinktheit) oder auch in vielen anderen Situationen (niedrige Distinktheit).
Die Tabelle18 zeigt im Überblick die Variablen des Kovariations-Modells von Kelley.
Kelleys zentrale Aussage ist: Wenn wir das Verhalten einer anderen Person beobachten und Ursachen dafür suchen, dann überlegen wir, was mit diesem Verhalten zusammenhängt („kovarriert“). Und wir machen diejenigen Variablen für ein Verhalten verantwortlich, die mit diesem Verhalten ‚kovariieren‘ / zusammenhängen:
- Bei niedrigem Konsensus (nur wenige Menschen verhalten sich in dieser Situation so) und niedriger Distinktheit (die Person verhält sich in vielen unterschiedlichen Situationen so) wird intern attribuiert („personal attribution“). („Die Person verhält sich in vielen Situationen so, andere Menschen verhalten sich meist anders, also liegt dieses Verhalten wohl an der Person“)
- Bei hohem Konsensus (viele Menschen verhalten sich in dieser Situation so) und hoher Distinktheit (die Person verhält sich nur in wenigen Situationen / bei wenigen Stimuli so) wird extern attribuiert („stimulus attribution). („Die Person verhält sich in wenigen Situationen so, andere Menschen verhalten sich in solchen Situationen meist ebenso wie diese Person, also muss es wohl an den Umständen / an der Situation liegen.“)
- Bei niedriger Konsistenz (die Person verhält sich sehr selten so – unabhängig von den Umständen): Dies wird als Ausnahmefall (circumstance attribution) attribuiert.
Beispiel: Kabarettist
Mein Freund Manfred sitzt bei Lukas Resitarits, dem legendären österreichischen Kabarettisten im Wiener Stadtsaal. Bei einer Szene lacht er laut und klopft sich auf die Schenkel. Was ist die Ursache? — Je nachdem!
- Lachen die Anderen auch? (Konsensus)
- Lacht er auch viel bei anderen Szenen (Stabilität)?
- Lacht er auch viel in anderen Kabaretts, bei anderen Kabarettisten und in anderen Aufführungs-Sälen (Distinktheit)
Lachen alle oder sehr viele und Manfred lacht in anderen Szenen und anderen Kabaretts wenig, dann liegt es offensichtlich an der Situation: Es war eine besonders lustige Szene.
Lachen keine oder wenige, und lacht Manfred häufig auch bei anderen Szenen und in anderen Kabaretts, dann liegt es offensichtlich an Manfred. Vielleicht ein Verhaltensmuster: „lacht viel“
Leistungsmotivation: Attributions-Theorie von Bernard Weiner
Auch in Ansätzen der Leistungsmotivations-Theorien beschäftigte man sich mit Attributionen, z. B. bei Bernard Weiner.19 Weiner untersuchte die Auswirkungen der Ursachenzuschreibung von Erfolg und Misserfolg, vor allem die Auswirkungen auf die Motivation.
Es ist klar, dass Attributionen Wirkung auf die Motivation und damit auf das Verhalten haben. Wenn ich z. B. Misserfolg zurückführe
- auf fehlendes Talent, Unfähigkeit und ähnliches, dann wird die Motivation, er noch einmal zu versuchen, um Erfolg zu haben, gering sein,
- auf zu gering Anstrengung oder Vorbereitung, dann wird die Motivation erhöht, mich das nächste Mal mehr anzustrengen oder besser vorzubereiten
- auf Zufall, dann werde ich es vielleicht wieder versuchen, aber ohne Vorbereitung und Anstrengung.
Weiner verwendete drei Dimensionen, um Attributions-Arten / -Stile zu unterscheiden, z. B. bei Prüfungen:
- Lokus der Kontrolle
- interne versus externe Ursachen (z. B. Anstrengung vs Aufgaben-Schwierigkeit)
- Stabilität:
- stabile versus variable Ursachen (Talent versus Vorbereitung)
- Kontrollierbarkeit:
- kontrollierbare versus unkontrollierbare Ursachen (Vorbereitung versus Wetter am Tag der Prüfung)
Diese Variablen haben unterschiedliche Wirkung:
- Der Lokus hat vor allem emotionale Auswirkungen: z. B. Behinderung durch Andere begünstigt Aggressionen, Attribution auf eigenes Talent hat Einfluss auf das Selbstwert-Gefühl.
- Stabilität hat vor allem Einfluss auf die Erwartungen der Anderen: Stabile Ursachen begünstigen die Erwartung, dass Leistung der Vorperiode wieder erbracht oder übertroffen werden.
- Kontrollierbarkeit beeinflusst Wertschätzung durch Andere: Hohe Beeinflussbarkeit (hat sich angestrengt) führt zu hoher Wertschätzung bei Erfolg. Niedrige Beeinflussbarkeit liefert Begründungen bei Misserfolg.
Attribution und Leistungsmotivation: Atkinson und Heckhausen
Dominante Motive
Ein anderer Zweig der Leistungsmotivation unterscheidet Erfolgs-Sucher und Misserfolgs-Meider. Generell unterscheidet man in der Tradition der Leistungsmotivation20 drei dominante Motive21 bzw. Bedürfnisse:
- das Leistungs-Motiv (Streben nach Effizienz, need for achievement, n-ach)
- das Macht-Motiv (Streben nach sozialer Wirksamkeit, need for authority/power, n-pow)
- das Zugehörigkeits-Motiv (affiliation, auch Freundschafts-Motiv 22 oder Intimitäts-Motiv23 genannt, need for affiliation)24
Jeder von uns verfügt über diese Motive in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Ausprägung.
Erfolgssucher und Misserfolgs-Meider
Das Leistungsmotiv25 ist das am intensivsten erforschte Motiv.
Beim Leistungsmotiv werden zwei Ausprägungen (bzw. ‚Komponenten‘) unterschieden26:
- die positive Ausprägung: Erfolgs-Orientierung (die Tendenz Erfolg anzustreben) und
- die negative Ausprägung: Misserfolgs-Meidungs-Orientierung (die Tendenz, Misserfolg zu meiden)
Personen bei denen die Erfolgs-Orientierung überwiegt, nennt man Erfolgs-Sucher. Erfolgssucher sammeln gerne Erfolgserlebnisse und suchen Situationen bei denen die Chance dazu maximiert wird. Die ist bei mittelschweren Aufgaben der Fall. Ist die Aufgabe zu leicht, so ist das Erfolgs-Erlebnis gering: „Das schafft jeder, das ist nicht schwierig“. Bei sehr schwierigen Aufgaben ist die Wahrscheinlichkeit, ein Erfolgs-Erlebnis zu realisieren gering. Die Aufgabe ist zu schwierig. Bei mittelschweren Aufgaben ist die Chance am größten, Erfolgserlebnisse zu realisieren. Daher setzen sie sich realistische, herausfordernde Ziele.
Misserfolgs-Meider fürchten das Erlebnis der Scham bei Misserfolg. Dies soll soweit wie möglich vermieden werden. Daher suchen sie entweder sehr einfache Aufgaben, die sie ’spielend‘ schaffen, da ist die Chance, Misserfolg zu erleben gering. Oder sie wählen sehr schwierige Aufgaben. Da entsteht nur ein geringes oder gar kein Scham-Erlebnis. Man muss sich bei Misserfolg nicht schämen: „Das schafft ja niemand oder schaffen nur ganz wenige.“
Misserfolg-Meider müssen keine schlechteren Mitarbeiter sein als Erfolgssucher. Sie sind im Normalfall viel eher bereit, notwendige einfache administrative Aufgaben zu erledigen als Erfolgs-Sucher. Aber es hat Auswirkungen auf ihren Attributions-Stil und damit auch auf ihr inneres Erleben und vor allem auch auf ihr Selbstwert-Gefühl.
Emotionale Wirkung von Erfolg / Misserfolg
Externale Attribution (Aufgabenschwierigkeit, Situation, Zufall (Glück Pech) haben in der Regel keine Wirkung auf den Selbstwert. Das Umfeld war ja die Ursache.
Bei interner Attribution ist der Selbstwert beteiligt: Wenn ich die Ursachen mit zuschreibe (Talent, Anstrengung, …) dann empfinde
- bei Erfolg: Stolz, Freude
- bei Misserfolg: Scham (nicht kontrollierbar) bzw. Schuld (kontrollierbar)
Attribution von Erfolgs-Suchern und Misserfolgs-Meidern
Überlegen wir zuerst: Was sind selbstwertdienliche Attributionen bei Erfolg und Misserfolg? Welche Attributionen stärken den Selbstwert bei Erfolg und beeinträchtigen ihn nicht bei Misserfolg (jeweils stabil bzw. variabel)?
- Selbstwertdienlich ist das erfolgsmotivierte Attributions-Muster
- Erfolg: internale, stabile Faktoren (eigene Kompetenz, Talent, Fähigkeit, …)
- Misserfolg: externale, zeitvariable Faktoren (zu wenig Anstrengung, Pech)
- Selbstwertschädlich ist das misserfolgs-vermeidendes Attributions-Muster
- Erfolg: zeitvariable und/oder externale Faktoren (Glück, leichte Aufgabe)
- Misserfolg: internale und stabile Faktoren (unzureichende/s Talent, Fähigkeit)
Damit wird deutlich, dass erfolgs-motivierte in ihrem Leistungsverhalten deutlich positivere Wirkungen auf ihren Selbstwert bzw. ihr Selbst-Konzept erhalten als Misserfolgs-Motivierte. Das kann als sich jeweils verstärkender Kreislauf dargestellt werden. im Falle der Misserfolgs-Orientierung ist dies ein Teufelskreis27, der auch in Gefühlen der ‚erlernten Hilflosigkeit‘28 münden kann.
Anhang: Attribution in den Entwicklungslinien der Motivations-Forschung
Jutta Heckhausen, Heinz Heckhausen: (Motivation und Handeln, S. 41.) geben einen Überblick über Entwicklungslinien der Motivations-Forschung („Assoziationstheoretischer Problemstrang“) und die Position der Attributions-Forschung darin.
Querverweise
Verhaltensformel von Kurt Lewin
Teufelskreise verstehen – Konflikte verstehen.
Links und Literatur
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Mehr Hinweise im Beitrag zu Lewin’s Verhaltensformel.
Naive Verhaltenstheorie
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Andreas Johann: Naive Persönlichkeitstheorie vs. wissenschaftliche Theorie. Grin 2005
Persönlichkeits-Psychologie
o. A.: Naive Persönlichkeitstheorie vs. wissenschaftliche Theorie. Aus: lehrbuch-psychologie.springer.com. https://lehrbuch-psychologie.springer.com/sites/default/files/atoms/files/9783642302633-c1.pdf. S. 1 – 22.
Übung zum Attributionsfehler: Auswertung
Ordnen Sie die gesammelten Merkmale zu: Welches sind
- personale Merkmale (z. B. Eigenschaften, Verhaltens-Muster, Einstellungen, Gewohnheiten, ‚Eigenarten‘ / Charakteristiken, Prägungen des Elternhauses, ‚Können‘ (kann nicht anders), ‚Wollen‘ („Er will es so.“) …
- situative Merkmale (Stimmung / Klima, Verhaltensweisen von anderen Personen, Äußerungen von Personen, Angriffe, Forderungen, Bemerkungen, Schwierigkeit einer Aufgabe, …)
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die personalen Merkmale überwiegen. In der Hektik des (betrieblichen) Alltags gehen die situativen Ursachen-Zuschreibung meist völlig unter.
- Zur Alltagspsychologie vgl. Jens B. Asendorpf: Von der Alltagspsychologie zur Persönlichkeitspsychologie.
Wer sich mit der Psychologie als Wissenschaft beschäftigt, tut dies immer vor dem Hintergrund der Alltagspsychologie — der von den meisten Mitgliedem einer Kultur geteilten Annahmen über das Erleben und Verhalten von Menschen. Wir. alle nehmen das Verhalten anderer Menschen und unser eigenes Erleben und Verhalten durch die Brille der Alltagspsychologie wahr. Suchen wir nach Erklärungen für auffälliges Verhalten oder möchten wir das Verhalten anderer vorhersagen, weil es wichtig für uns ist, so tun wir das zunächstimmer mit Hilfe unseres alltagspsychologischen Wissens. Dazu gehören auch Vorstellungen darüber, was die Persönlichkeit eines Menschen ausmacht und wie sie zu erklären ist. Wissenschaftliche Theorien der Persönlichkeit gehen über diese naiven Vorstellungen hinaus und können zu Ergebnissen führen, die dem altagspsychologischen Vorverständnis widersprechen. Deshalb ist es wichtig, Alltagspsychologie und Psychologie klar auseinander zu halten.“
(S. 1) - Mehr dazu in meinem Beitrag Verhaltens-Formel von Kurt Lewin. ↵
- d. h. den dispositionalen Faktoren, z. B. Persönlichkeit, Verhaltensmuster, Einstellungen, Überzeugungen, … ↵
- Vgl. Lee Ross: The intuitive psychologist and his shortcomings, Lee Ross, Craig A. Anderson: Shortcomings in the attribution process. ↵
- Vgl. z.B. o. A.: Naive Persönlichkeitstheorie vs. wissenschaftliche Theorie. ↵
- Zum Begriff der Normalität und der Krankheit, zu normal zu sein, vgl. den Beitrag zur Normopathie. ↵
- Attributionstheorien versuchen zu ergründen, wann und wie (aufgrund welcher Informationen nach welchen Regeln) Verhaltensweisen (und Ereignisse) auf Ursachen zurückgeführt werden.
Demgegenüber erklären attributionale Theorien (z. B. der Ansatz von Weiner) welche Auswirkungen Kausalattributionen haben: Auf das Verhalten bzw. Handlungen, auf den Selbstwert, auf die Motivation, auf Emotionen, auf Partnerschaften, … vgl. z. B. Thomas Goschke: Motivation, Emotion, Volition. ) ↵ - Vgl. Fritz Heider: The Psychology of Interpersonal Relations. ↵
- Vgl. z. B. Johannes Moskaliuk: Attributionen. ↵
- Die Studie von Gabriela Schmid-Kloss: Forschungs-Design und Global-Ergebnisse:
„Diese Studie befasst sich mit subjektiven Zuschreibungsprozessen (Attributionen) in Partnerschaften. Sechs Paare, die mindestens 35 Jahre lang in Erstehe verheiratet und 60-80 Jahre alt waren, Kinder hatten, im Ruhestand lebten und die ihre Ehe als glücklich bezeichneten, wurden in narrativen Interviews aufgefordert, den Verlauf ihrer Ehe zu beschreiben und die Gründe für ihr langes partnerschaftliches Verhältnis zu benennen. Die Partner wurden getrennt voneinander befragt. Dies ermöglichte die getrennte Auswertung der Darstellungen nach enthaltenen Attributionen. Die Äußerungen der jeweiligen Partner wiesen eine hohe Übereinstimmung bezüglich Wertungen, Attributionen und Wortwahl bei der Darstellung von Ereignissen in der Ehe auf.“
Gabriela Schmid-Kloss: Glückliche Partnerschaft bis ins Alter. (Zusammenfassung) - Vgl. Rafaela von Bredow: Liebe lieber unvollkommen. ↵
- Zu weiteren Aspekten von guten Beziehungen / glücklichen Paaren, … vgl. die Beiträge zu John Gottman, zur Paar-Therapie und zu Guy Bodemann. ↵
- Die Ähnlichkeit ging bis zur gleichen Wortwahl:
„Die Männer und Frauen wurden in narrativen Interviews getrennt befragt. Auffällig bei den langjährigen Ehepartnern ist die Art und Weise, wie sie über ihre Partner sprechen. Diese ist generell positiv, selbst negative Eigenschaften des Partners werden durch ‚konstruktive wohlwollende Attributionen‘ minimiert. Nach Jahrzehnten des Zusammenlebens ähnelten sich die getrennt befragten Partner bei der Beschreibung von lebensgeschichtlichen Ereignissen und Episoden bis hin zur Wortwahl. Schmid-Kloss (2006, S. 212) zieht aus den Befragungen den Schluss, ‚dass Liebe, Vertrauen, gegenseitig unterstützende Interaktionen, begünstigende Außeneinflüsse und kooperative Persönlichkeitsmerkmale den Bestand einer Beziehung fördern‘. “
Horst Heidbrink, Helmut E. Lück, Heide Schmidtmann: Psychologie sozialer Beziehungen. - Heidebrinkt u.a. fassen dies zusammen:
„Die Attributionsmuster glücklicher und unglücklicher Paare unterscheiden sich also deutlich. In zufriedenen Beziehungen neigen die Partner dazu, die Bedeutung positiver Erfahrungen mit dem Partner herauszustreichen und negativ Erfahrungen herunterzuspielen. Unzufriedene Partner agieren hier genau umgekehrt: Sie streichen die negativen Erfahrungen heraus und übersehen die positiven (vgl. Bradbury & Fincham, 1990)“
Horst Heidbrink, Helmut E. Lück, Heide Schmidtmann: Psychologie sozialer Beziehungen. - Vgl. Frank D. Fincham u.a.: Marital violence, marital distress, and attributions. ↵
- Fincham untersuchte auch den Zusammenhang von Attribution und Gewalt in der Ehe: (Zusammenfassung)
„Because empirical associations involving marital distress may be confounded by the presence of marital violence, 2 studies examined the interplay among marital distress, marital violence, and attributions for marital events.
Study 1 showed that marital satisfaction was associated with causal and responsibility attributions independently of violence in a sample of 130 husbands.
Study 2 demonstrated that the satisfaction-attribution association was independent of violence in a sample of 60 newlywed husbands and also showed that responsibility attributions predicted satisfaction 12 months later when violent husbands were excluded from the sample.
These findings support the focus on cognitive variables in recent models of marriage and marital violence.“
Aus: Frank D. Fincham u.a.: Marital violence, marital distress, and attributions., S. 367 - Jürgen Hoyer, Pschyrembel Redaktion: Attributionsstil. ↵
- aus o. A.: Attributionstheorien. ↵
- Vgl. z. B. Bernard Weiner: Wirkung von Erfolg und Mißerfolg auf die Leistung, Huber 1975. Bernard Weiner: An attributional theory of achievement motivation and emotion. ↵
- Dieser Zweig der Psychologie geht zurück auf Murray und vor allem dessen Schüler David McClelland. Berühmt wurden die Experimente McClellands mit dem Ringwurf-Spiel, bei denen die Versuchspersonen Entfernungen zum Ziel selbst wählen konnten. Erfolgs-Motivierte zeigten, dass sie deutlich stärker hohe aber erreichbare Ziele wählten als Personen mit anderen Motiv-Profil. Vgl. z. B. Heinz Heckhausen: Motivation und Handeln, S. 255 ff., o. A.: David McClelland – Achievement Motivation. ↵
- Ein Motiv erfüllt 3 Funktionen: „Nach McClelland (1980, 1987) erfüllt ein Motiv, sofern es durch Aufforderungsgehalte in der Umwelt angeregt worden ist, drei Funktionen. Es energetisiert, orientiert und selegiert Verhalten, das für seine Befriedigung relevant ist.“ Aus: Jutta Heckhausen, Heinz Heckhausen: Motivation und Handeln, S. 237. ↵
- Vgl. Joachim Siegbert Krug, Ulrich Kuhl: Macht, Leistung, Freundschaft. ↵
- Vgl. Jochim C. Brunstein: Implizite Motive und motivationale Selbstbilder. ↵
- Manchmal wird es auch unterschieden in Streben nach sozialem Anschluss (Affiliationsmotiv) und zwischenmenschlicher Nähe (Intimitätsmotiv) – vgl. Jutta Heckhausen, Heinz Heckhausen: Motivation und Handeln. S. 237 ↵
- Definition des Leistungsmotivs bzw. der Leistungsmotivation: „Leistungsmotivation ist das Bestreben, die eigene Tüchtigkeit in allen jenen Tätigkeiten zu steigern oder möglichst hoch zu halten, in denen man einen Gütemaßstab für verbindlich hält und deren Ausführung deshalb gelingen oder misslingen kann.“ (Heinz Heckhausen: Motivation und Handeln. ) Es geht darum, die eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen und an einem Güte-Maßstab / Tüchtigkeits-Maßstab zu messen. Die emotionalen / affektiven Reaktionen sind Stolz bei Gelingen und Scham oder Ärger bei Misslingen. ↵
- Auch bei den anderen Motiven können jeweils antagonistische Ausprägungen unterschieden werden: Hoffnung auf Anschluss / Zuhörigkeit und Furcht vor Zurückweisung, Hoffnung auf Kontrolle / Wirksamkeit und Furcht vor Kontrollverlust / ↵
- Vgl. dazu meinen Beitrag über Teufelskreise ↵
- Vgl. Martin E. P. Seligman: Helplessness. ↵