Feedback ist eine zentrale Führungsaufgabe. Sie beeinflusst wesentlich den Führungserfolg.
Feedback umfasst folgende Teilaufgaben:
- Feedback geben
- an Mitarbeiter_innen
- positives Feedback, Anerkennung
- negatives Feedback, Kritik
- an Chef_innen
- an Dritte
- an Mitarbeiter_innen
- Feedback einfordern
- von Chef_innen
- von Mitarbeiter_innen
- von Dritten
Feedback an Mitarbeiter_innen geben und erhalten
Mitarbeiter_innen haben das Recht, regelmäßig von ihren Führungskräften Feedback zu bekommen und Führungskräfte haben die Pflicht, ihren Mitarbeiter_innen regelmäßig Feedback zu geben. Häufigkeit und Intensität des Feedbacks sind von der jeweiligen Situation abhängig, aber eines ist klar: Nur einmal jährlich im Mitarbeiter-Gespräch Feedback zu geben und zu erhalten ist zu wenig. Nur positives oder nur negatives Feedback zu geben oder einzufordern ist auch zu wenig.
Als Führungskraft sollte ich wissen, wie ich bei meinen Mitarbeiter_innen ankomme: Wo ich gut ankomme: Was sie unterstützend finden, was sie schätzen, was sie positiv beeinflusst – aber auch, wo ich nicht gut ankomme, was sie nicht schätzen, was sie bei der Arbeit hindert usw. Je besser ich Kenntnis von meiner Wirkung auf meine Mitarbeiter_innen habe, desto besser kann ich steuern, führen, beeinflussen.
Was tun, wenn Mitarbeiter_innen mir kein Feedback geben?
Bekomme ich als Führungskraft keine oder nur sehr wenig Rückmeldung, so weiß ich, es läuft grundsätzlich etwas schief in meinem Führungs-Prozess. Möglicherweise habe die Mitarbeiter zu wenig Vertrauen zu mir, vielleicht ist das Autoritäts-Gefälle zu groß, vielleicht haben sie selbst zu wenig Selbstvertrauen. In all diesen Fällen habe ich eine Führungs-Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.
Habe ich die Mitarbeiter_innen erst seit kurzer Zeit, so kann es sein, dass ich noch Altlasten von der vorigen Führungskraft zu bereinigen haben. Vielleicht hat meine Vorgänger_in zu autoritär geführt und die Mitarbeiter_innen haben noch nicht gelernt oder es nicht gewagt, der Führungskraft Feedback zu geben. Dann gilt es, Geduld zu zeigen, dran zu bleiben, Vertrauen aufzubauen, es wieder versuche.
Bin ich jedoch schon länger (mehr als ein Jahr) für meine Mitarbeiter_innen verantwortlich, so gilt der Spruch: „Jeder hat die Mitarbeiter_innen, die er/sie verdient.“
Was kann ich konkret tun?
- Ursachen erforschen, in einem Gespräch bei den Mitarbeiter_innen nachfragen : „Was macht es dir schwierig, mir Rückmeldung zu geben, mir deine Meinung zu sagen?“
- Selbstreflexion:
- Habe ich einen zu direktiven, autoritären Führungsstil? Möchte ich da etwas ändern?
- Haben die Mitarbeiter_innen Angst / zu großen Respekt vor mir? Wie kann ich das abbauen?
- Wäre eine ehrliche Antwort zu negativ für mich und wollen mich die Mitarbeiter_innen schonen?
- Alternativ fragen: Gibt es Wünsche an mich, meinem Verhalten? meiner Art zu führen? (In Wünschen ist oft indirekt eine Kritik enthalten. Z. B. Beim Wunsch: „Wenn du zum vereinbarten Termin keine Zeit für mich hast, würde ich mir wünschen, dass du es mir schon früher sagst, dann kann ich meine Zeit besser einteilen.“ Ev. enthaltene Kritik: „Du hältst deine Vereinbarungen nicht ein.“
- Das Thema Rückmeldungen bei den Team-Meetings ansprechen. Vielleicht fällt es dort manchen leichter zu berichten, warum es für Mitarbeiter_innen schwierige ist, mir Feedback zu geben
- Rückmeldung im größeren Rahmen anzusprechen, z. B. im Team-Meeting oder in einer Führungs-Klausur: „Was läuft bei uns / in unserer Zusammenarbeit gut und was weniger gut?“. Bei den Meldungen sind ziemlich sicher auch Punkte dabei, die mich als Führungskraft betreffen.
Feedback-Mängel
Häufige Mängel in Bezug auf die Feedback-Aufgabe von Führungskräften sind aus meiner Erfahrung häufig:
- Führungskräfte geben den Mitarbeiter_innen kein oder nur sehr spärlich Feedback – und fordern auch keines ein.
- Führungskräfte geben ihren Mitarbeiter_innen nur positives oder nur negatives Feedback.
Positives oder negatives Feedback?
Beides! Gutes Feedback enthält sowohl positive als auch negative, kritische Aspekte.
Manche Führungskräfte geben nur negatives Feedback. Sie kritisieren, sehen schnell, was nicht passt, manchmal nörgeln sie herum, einige werden laut, manche rasten sogar emotional aus. Diese Tendenz besteht besonders bei Führungskräften mit einem direktiven oder sogar autoritären Führungsstil („der alten Schule“). Diese Form des Feedbacks beeinträchtigt das Klima, zerstört Vertrauen und ist nicht professionell.
Andere Führungskräfte geben nur positives Feedback. Sie fürchten, mit negativem Feedback, mit Kritik das Klima zu zerstören und glauben, alles richtig zu machen. Kritik kann jedoch auch auf positive Art und Weise erfolgen, wenn die Ergebnisse oder Prozesse kritisiert werden und nicht die Person an sich. Wird keine Kritik geübt, so werden den Mitarbeiter_innen Entwicklungs-Chancen genommen. Die Mitarbeiter_innen sollten wissen, wo Ihre Arbeit nicht den Qualitätserfordernissen entsprechen, damit sie sich dort verbessern können.
Ein Beispiel
Ein bayerischer Optiker mit mehreren Filialen hatte die Gewohnheit, sich mit seinen Mitarbeiter_innen am Freitag Nachmittag zusammen zu setzen und ein Glas Bier zu trinken. Das war aus seiner Sicht gut für das Betriebsklima und es wurden in entspannter Atmosphäre Informationen ausgetauscht. Klar, dass man auch über Biergärten, Fußballspielen usw. geredet hat, aber es wurden auch unternehmens-relevante Informationen ausgetauscht. Der Chef war der Meinung, dass er zahlreiche Informationen erhielt und auch geben konnte, was ohne diese Treffen nicht geschehen wäre.
Als er später seine Frau als Mitarbeiterin (im Büro und im Verkauf) anstellte, gab diese deutlich zu verstehen, dass sie das nicht gut fand, nicht billigte („Zeit wird vergeudet“, „es wird nichts gearbeitet“ …). Zwar hatte sie keine Führungsfunktion, nur Aufgaben im Büro und im Verkauf, aber als ‚Frau des Chefs hatte sie viel informellen Einfluss auf das Unternehmens-Geschehen. Die Treffen wurden deutlich ungemütlicher und hörten schließlich auf, was der Unternehmer bedauerte. „Aus familiären Gründen“, wie er betonte, hatte er es verabsäumt, seiner Frau (in ihrer Rolle als Mitarbeiterin) in einem Gespräch negatives Feedback über ihre Verhaltensweisen und Äußerungen zu diesem Treffen. zu geben. Dadurch hatte auch sie nicht die Chance, sich zu entwickeln und die positiven Seiten dieser Treffen zu erkennen. Eine Entwicklungs-Chance wurde vergeben.
Lob oder Anerkennung?
Lob und Tadel sind Begriffe der Erziehungswissenschaften. Ihr Einsatz ist schon in der Schule problematisch1 Sie sind Elemente von ‚komplementären‘ Beziehung2einer Beziehung, die nicht symmetrisch ist, nicht auf Augenhöhe, nicht von Gleich zu Gleich sondern von oben nach unten. Das sollte in der zwischenmenschlichen Kommunikation von Führungskräften zu Mitarbeiter_innen vermieden werden. Anerkennung drückt gleichwertige Partner in Beziehungen auf Augenhöhe aus. Dies ist nicht nur Wortspiel, sondern drückt die ganze Einstellung hinter dieser Art von Kommunikation aus. Lob kann auch peinlich sein („Das hast du sehr gut gemacht, bravo!“ – würde eher einer Tendenz zum Lob entsprechen. „Ich finde es gut, wie es dir gelungen ist, den Kunden zurück zu gewinnen, ich weiß nicht, ob das auch geschafft hätte.“ drückt eher Anerkennung aus.)
Rückmeldungs- (Feedback-)Gespräche sind besser als Kritik oder Anerkennungs-Gespräche.
Kritik-Gespräche sind unangenehm und sollten nur in Ausnahmefällen geführt werden. Anerkennungs-Gespräche können peinlich werden, besonders, wenn sie als Lobhudelei verstanden werden. Demgegenüber sind Rückmeldungs-Gespräche emotional neutraler, auch wenn sie oft ein wenig spannungsgeladen sind. Es ist spannend, ein persönliches Feedback zu bekommen. Feedback-Gespräche können auch eine Art persönliche Aussprache werden, z. B. in folgendem Sinn:
„Wir beide sind oft in Diskussionen, weil wir unterschiedliche Ansichten über … (z.B. die Arbeit in Projekten) haben. Vielleicht sollten wir uns darüber aussprechen. Schreib du dir bitte auf, welche Punkte dich stören und was aus deiner Sicht schlecht läuft und auch, was gut läuft, gut klappt. Wir könnten dann am … die Punkte austauschen und besprechen. Würde das für dich passen? …“
Rückmeldungs-Gespräche im Führungs-Alltag
Sehr wirksam ist es aus meiner Sicht, Rückmeldungs-Elemente in den Führungs-Alltag einzubauen, Z. B. in regelmäßige Arbeitsgesprächen zwischen Mitarbeiter_innen und Führungskräften (One-to-one-Gespräche, Reportings, …). Zahlreiche Gsprächspunkte geben Anlass für Rückmeldungen, z. B.Berichte über
- Aktivitäten zur Gewinnung von Neukunden
- Aktivitäten zur Qualitätsverbesserungen in der Produktion
- ausgetragene Streitgespräche, Konflikte
- Schwierigkeiten mit Mitarbeiterinnen (wenn ihr Gesprächs-Partner Führungskraft ist)
- realisierte Innovationen
- …
Führungskräfte sollten diese Gelegenheiten / Anlässe für Feedback erkennen und nützen.
Feedback vom Chef einholen
Es ist nicht nur wichtig, Feedback zu geben sondern auch welches einzuholen. Von Mitarbeiter_innen aber auch vom Chef. Natürlich wäre es Führungs-Aufgabe des Chefs, es von sich aus zu tun. Macht er diese nicht so solle ich selbst die Initiative ergreifen. Im Rahmen des jährlichen Mitarbeiter-Gesprächs ist dies normalerweise vorgesehen, aber es genügt nicht bloß einmal im Jahr so ein Gespräch zu führen. Sinnvoller ist dies, wenn es regelmäßig geschieht.
Anhang: Zusammenfassung
„Die höchste Form menschlicher Intelligenz
ist die Fähigkeit,
zu beobachten, ohne zu bewerten.“
Jiddu Krishnamurti3
Eine gute Zusammenfassung für gutes Feedback in der Führung liefert der ‚Advance organizer‘ bei Mierke und van Amern:3
„Klares Feedback an Kollegen, Mitarbeiter, externe Dienstleister und Führungskräfte hilft, eigene Grenzen und Bedürfnisse zu wahren, Unsicherheit zu reduzieren und Potenziale optimal zu nutzen. Feedback liefert wertvolle Information darüber, wie man auf andere wirkt.
Der Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation, Ich-Botschaften nach Gordon sowie das Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun stellen Instrumente zur Verfügung, die das Konfliktpotenzial kritischer Rückmeldung minimieren. Auf Bewertung zu verzichten, macht ein respektvolles Miteinander auch in herausfordernden Situationen möglich.
Exzellenz in Teams erfordert eine hohe Transparenz der wechselseitigen Erwartungen. Zeitnahe und konkrete Rückmeldung verhindert, dass in einer spezifischen Situation als ungünstig erlebtes Verhalten zur Gewohnheit des Handelnden wird oder dass sich die Wahrnehmungen von außen in Eigenschaftszuschreibungen verfestigen. Feedback mit offenen Fragen hilft Lösungen zu entwickeln, Vertrauen zu vertiefen und künftige positive Interaktionen zu fördern.“
Querverweise
Rückmeldung geben ohne zu verletzen.
6 Schritte um gutes Feedback zu bekommen.
Offene Kommunikation und das Johari-Fenster.
Literatur und Links
Rückmeldung / Feedback, Kommunikation
(Original: Pragmatics of Human Communication: A Study of Interactional Patterns, Pathologies, and Paradoxes. Norton, N. Y. 2011 (mit Lesprobe), (Faber & Faber, 1968) (Norton, 1967)
Holger Ruscheweyh, Jutta Schultejans: Heikle Gespräche: Worauf es ankommt, wenn viel auf dem Spiel steht!. Kommunikationstraining zur Verbesserung des eigenen Dialogverhaltens. https://www.mensch-und-kommunikation.de/heikle-gespraeche.html.
Blog Kategorie: 360-Garad-Feedback. vieconsult.at. https://vieconsult.at/category/fuehrungsfeedback.
Rückmeldung vom und an den Chef
The Muse: 9 Things You Should Tell Your Boss At Your Next Performance Review. forbes, 12. 4. 2014, https://www.forbes.com/sites/dailymuse/2014/03/12/9-things-you-should-tell-your-boss-at-your-next-performance-review/#
https://www.glassdoor.com/blog/boss-feedback/
How to Ask Your Boss for Feedback (And Actually Get What You Need!), 13. 2. 2018.Lydia Dishman: Exactly what to say in these 7 difficult conversations with your boss. https://www.fastcompany.com/90295898/exactly-what-to-say-in-these-7-difficult-conversations-with-your-boss
Martin Wehrle: „Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.“ (Ernst Bloch zugeschrieben). Quelle: Aus: DIE ZEIT, 30.09.2010, Nr. 40. https://www.zeit.de/2010/40/C-Beruf-Zitat.
cfr: conversation feedback recognition / appraisal review
Henrik-Jan van der Pol: What CFR (Conversations, Feedback, Recognition) really is about. How Annual OKRs prevent you from focusing on what matters most for your business. (OKR: Objectives and key results) perdoo, 2. 5. 2019, https://www.perdoo.com/blog/what-cfr-conversations-feedback-recognition-really-is-about/
Mountainseed: What are appraisal review services and when are they needed? mountainseed 30. 9. 2018, https://mountainseed.com/2018/09/20/appraisal-review-services/
Lob und Tadel
Manfred Hofer: Zu den Wirkungen von Lob und Tadel. Bildung und Erziehung 38 (1985) 4, S. 415-427, urn:nbn:de:0111-opus-3833, https://www.pedocs.de/volltexte/2010/158/pdf/Hofer_Manfred_Zu_den_Wirkungen_von_Lob_und_Tadel_D.pdf
Lysann Seifert, Anne Nicolaides: Paradoxe Effekte von Lob und Tadel. Handout, TU Dresden, Institut für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie.
Thomas Reining: Kritikgespräch oder Feedback? Was ist der Unterschied? gfg – gute-fuehrung-braucht-gespuer.de. https://www.gute-fuehrung-braucht-gespuer.de/gfg022-kritikgespraech-oder-feedback-was-ist-der-unterschied/.
Boris Groysberg and Robin Abrahams: Feedback: The Compass for Your Career.
Katja Mierke, Elsa van Amern (2019): Kontinuierliches Feedback für Exzellenz. Kapitel in: Klare Ziele, klare Grenzen. Teamorientiert Nein-Sagen und Delegieren in der Arbeitswelt 4.0. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-56826-2_9#citeas.
- Manfred Hofer: Zu den Wirkungen von Lob und Tadel ↵
- Zu komplementären Beziehungen vgl. Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation, Kap. 2.6: Symmetrische und komplementäre Kommunkation, S. 78 ff. Watzlawick nennt die gegenseitige BEeinflussung don Dominanz und Unterwerfung im Anschluss an Bateson „komplementäre Schismogenese (S. 8=) ↵
- Katja Mierke, Elsa van Amern (2019): Kontinuierliches Feedback für Exzellenz. ↵
- Katja Mierke, Elsa van Amern (2019): Kontinuierliches Feedback für Exzellenz. ↵