Print Friendly, PDF & Email

Wie sollte man den Chefwechsel, d. h. den Übergang von einer alten zu einer neuen Führungskraft gestalten. Was ist hilfreich? Was sollte unbedingt getan werden? Wie ist der Prozess zu gestalten. Was sollte vermieden werden?

Schritt 1 Diagnose

Egal, in welcher Ausgangslage der Führungswechsel stattfindet, (ob ganz kurz-, oder langfristig, ob geplanter Übergang oder spontaner usw), der erste Schritt sollte immer eine Diagnose sein. Sie wird in der Regel von der neuen Führungskraft durchgeführt werden, wenn möglich in Zusammenarbeit mit der bisherigen Führungskraft, den Mitarbeitern und dem übergeordneten Chef.

a) Globaldiagnose

Die Globaldiagnose betrifft die Gesamtsituation des Führungsbereichs? – z. B.

  • In welcher Situation befindet sich der Führungsbereich (Team, Abteilung, …)?
  • Was sind die großen Themen / Herausforderungen / Probleme?
  • Wie ist das Team aufgestellt?
  • Wie ist der Führungsbereich in die Gesamtstruktur des Unternehmens eingebettet? …

Die Globaldiagnose sollte nicht nur rationale Analysen umfassen, sondern vor allem auch ganzheitliche, intuitive, soziale und emotionale Elemente beinhalten.

b) Aufgabenanalyse

Im Anschluss an die Globaldiagnose sollten Detailanalysen stattfinden. Ein wichtiger Teil ist die Aufgabenanalyse

  1. Wer hat welche Aufgaben
  2. Kommen im Zuge des Führungswechsels neue Aufgaben hinzu oder fallen welche weg. Das ist nicht selten bei einer Führungsübernahme der Fall.

Ein nützliches Element  ist der „Jahrmarkt der Aufgaben“, der nicht nur die Diagnose, sondern auch die Gestaltung, die Neuverteilung der Aufgaben zum Inhalt hat. In einer Team-Klausur oder einem Team-Meeting schrieben ihre Aufgaben auf Pinn-Kärtchen geschrieben, anschließend besprochen / reflektiert, analysiert und ev. neu verteilt.

Schritt 2: Strategie entwickeln / Vorbereitung der Übergabe – Übernahme

Auf Basis der Diagnose sollte dann eine Strategie bzw. ein Plan entwickelt werden:

  • Was ist noch vor der Übernahme zu tun?
    • Was ist noch vorzubereiten?
    • Was ist noch zu klären?
    • Was ist noch zu bereinigen?
  • Wie sollte die Übergabe stattfinden (Prozessplanung)
    • Offizielle Übergabe
    • Übergabe-Fest (Ritual)
  • Was sind die ersten Schritte nach der Übernahme?
    Vor allem Planung der ersten 100 Tage

Schritt 3: Umsetzung

Hilfreich ist die Konkretisierung der Strategie und Grobpläne in einen konkreten Projektplan mit Projektzielen, Arbeitspaketen und eines regelmäßigen Reportings (an sich selbst und ev. an den Chef).  Das fördert eine konsequente Umsetzung der Vorhaben.

Dos & Don’ts

  • Der Übergabeprozess sollte rechtzeitig entschieden und geplant werden.  Bei einem erwarteten plötzlichen Ausscheiden des bisherigen Chefs ist das nicht möglich. Bei einer Pensionierung sollte das unbedingt bedacht werden. Dies ist umso wichtiger, je größer das Wissens- und Erfahrungsmanko der neuen Führungskraft ist.
  • Ist der Prozess längerfristig geplant, so sollte es regelmäßige vorbereitende Gespräche der neuen mit der alten Führungskraft geben. Diese Gespräche dienen der Diagnose, dem Wissenstransfer, Klärungen und Bereinigungen.
  • Kommt die neue Führungskraft von außen, so ist besonders dem Wissenstransfer besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
  • Die bisherige Führungskraft sollte der neuen Führungskraft eine geklärte und bereinigte Situation ohne Altlasten übergeben. Wenn z. B. eine notwendige Kündigung im Team ansteht, dann sollte das die bisherige Führungskraft durchführen und nicht der neuen Führungskraft als eine der ersten Maßnahmen zugemutet werden.
  • Wenn die neue Führungskraft bereits vor Übergabe in den neuen Führungsbereich eintritt oder aus dem Team herauswächst, so sollte bereits eine Schritt-für-Schritt-Übernahme vorzeitig erfolgen.
  • Der Übergabeprozess sollte formell und offiziell sein, wenn möglich durch die scheidenden Führungskraft oder noch besser durch deren Chef, begleitet durch eine Information in den in dieser Organisation üblichen Kommunikationskanälen (Mails, Intranet, …). Nach diesem formellen Akt sollte jeder in der Firma von der neuen Führungskraft Kenntnis haben – ohne jeden Zweifel. Auch die Visitenkarten sollten bereits vorliegen. Ein schlechtes Gegen-Beispiel ist der Fall einer Führungskraft, die erst durch ihre neue Beschriftung der Tür-Tafel von der offiziellen Beförderung erfahren hat.
  • Abgrenzung: Bleibt die bisherige Führungskraft noch im Hause, z. B. im Fall eines Kaminaufstiegs, so sollte dieser seinen bisherigen Mitarbeitern mitteilen, dass sie in allen Führungsangelegenheiten nicht mehr zu ihm, sondern zur neuen Führungskraft kommen sollen. Sonst ist die neue Führungskraft wirkungslos oder zumindest stark geschwächt.
  • Der offiziele Akt der Übergabe sollte durch ein Fest begleitet werden (‚Einstandsfest‘). Die Wirkung so eines Festes, in dem gegessen und auf den die neue Führungskraft getrunken wird , sollte nicht unterschätzt werden und wurde auch als Transitions-Ritual wissenschaftlich bestätigt. Es ist eine Botschaft an die Psyche der Beteiligten, die neue Führungskraft als solche zu erkennen und anzuerkennen.
  • Professionalität: Der ganze Prozess sollte professionell erfolgen, d. h. vor allem durch eine Diagnose und Strategie begleitet werden, sowohl der Vorbereitungsprozess als auch die nachfolgende Phase der ersten 100 Tage. Leider tappen viel zu viele Führungskräfte konzeptlos in die neue Situation, was unnötige Schwierigkeiten zur Folge hat.
  • Eine externe Unterstützung durch einen Coach, Berater, Moderator kann die Professionalität erhöhen und allen Beteiligten helfen, die Situation für sie konstruktiv zu gestalten.
  • Veränderungen: Jede Führungskraft sollte, ja muss Veränderungen und Innovationen anstreben. Sie sollte jedoch, vor allem zu Beginn sehr behutsam damit umgehen, um die Mitarbeiter nicht vor den Kopf zu stoßen.
  • Jede Führungskraft sollte vorbereitend oder in der ersten Phase ihrer Führungstätigkeit eine Vision, ein Leitbild und eine Mission für ihren Führungsbereich entwickeln und mit ihren Mitarbeitern zum Leben bringen.
  • Kommen neue Aufgaben und Tätigkeiten dazu oder fallen sie weg, so entsteht oft eine neue Identität des Führungs-Bereichs, die es gemeinsam zu erkennen und zu entwickeln gilt.
  • Das gleiche gilt für das soziale System: Mit der neuen Führungskraft entsteht ein neues soziales System mit veränderten Beziehungen, neuen Möglichkeiten und Schwierigkeiten.
  • Ideale Rolle der ausscheidenden Führungskraft: wohlwollend, entwicklungs-orientierter Mentor

 

 

 

2 Kommentare

  1. Lieber Otmar, ich gehe mit 01.06.2018 in Pension und bin dabei die Leitung der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu übergeben. Dein BLOG gibt mir für die Planung wertvolle Tipps. Besonders gefallen hat mir:

    Der offiziele Akt der Übergabe sollte durch ein Fest begleitet werden (‚Einstandsfest‘). Die Wirkung so eines Festes, in dem gegessen und auf den die neue Führungskraft getrunken wird , sollte nicht unterschätzt werden und wurde auch als Transitions-Ritual wissenschaftlich bestätigt. Es ist eine Botschaft an die Psyche der Beteiligten, die neue Führungskraft als solche zu erkennen und anzuerkennen.

    Danke für die wertvollen Tipps,
    Liebe Grüße Inge

  2. Author

    Vielen Dank für Deinen Kommentar, liebe Inge. Ja, so ein Fest bewirkt in unserem Unbewussten mehr, als man glauben sollte. Übrigens ist auch ein Abschiedsfest sehr wertvoll, sowohl für den Übergeber, als auch für den Übernehmer. Sie können dann besser ‚zugreifen‘ (Übernehmer) als auch loslassen (Übergeber).

    Liebe Grüße

    Otmar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert