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„… die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug“
G. W. F. Hegel1

Göttinnen in jeder Frau

In jeder Frau steckt eine Athene, ein Archetyp als innerer psychischer Anteil des Menschen. 2 Ob Mann, ob Frau: Erforsche diesen Archetyp und entdecke dich dabei selbst – einen Teil von dir. Wie viel Athene steckt in dir?

Athene- die griechische Göttin

Athene – Statue vor dem Parlament in Wien

Athene- römisch Minerva ist die Göttin der Weisheit und der Künste der Frauen. Sie war wie Artemis eine keusche, jungfräuliche Göttin. Auch ihre Priesterinnen waren zur Keuschheit und Ehelosigkeit verpflichtet. Sie war auch eine strategische Kriegsgöttin, vornehm und schön, dargestellt in einer goldenen Rüstung, das Visier geöffnet, in der Hand ein Schild und einen Speer. Ihre Weisheit, die vor allem eine strategische Weisheit war wird durch ein Eule symbolisiert, die sei begleitet. Auch Schlangen werden mit ihr dargestellt – auf dem Schild oder am Rocksaum – Symbol für den listigen Teil ihrer Weisheit.

Zuschreibungen und Beinamen von Athene

In Kriegszeiten zeigt sie ihre kriegerischen Fähigkeiten, die vor allem strategischer Natur waren. Gepaart mit List und Taktik hatte sie dabei fast immer Erfolg. Rüstung, Speer und Schild waren ihre kriegerischen Symbole und sei war die Schutzherrin der Streitkräfte. Auch war sie die Schutzherrin der Städte, vor allem von Athen, der sie den Namen verlieh und den Olivenbaum schenkte. In der Athener Akropolis standen mehrere Statuen der Göttin, unter anderem die riesige Athena Promachos. Diese wurde später nach Konstantinopel gebracht und in der Folge zerstört.

Sie hatte verschiedene Beinamen wie Pallas (mythische Kriegerin), Jungfrau, Verteidigerin, Schutzpatron der Handwerker und Künstler, die Unermüdliche, die Eulen-äugige, die Hell-äugige / Scharfsichtige, die Beschützerin.

In Friedenszeiten zeigte und lehrte sie die häuslichen Fähigkeiten. Sie lehrte die weiblichen, häuslichen Künste (und Handwerke und Wissenschaften) und sie war die Schutzherrin der Spinner, Weber und Schneider, der Töpfer und Goldschmiede. Sie schenkte den Menschen die Zügel, um ihre Pferde zu zähmen und das Joch des Ochsen, und sie lehrte ihnen, mit Pflug und Harke umzugehen und Schiffe zu bauen.

Sowohl bei den kriegerischen als auch bei den häuslichen Fähigkeiten zeigte sie einen Sinn für das Praktische, für zielgerichtetes Denken und Handeln –  mit Planung, Organisation und Ausführung.

Athenes Handeln symbolisiert die Herrschaft von Willen, Ratio und Intellekt über die Welt der über die Welt der Gefühle, Stimmungen und Emotionen, der Triebe und Instinkte.

Athene in der Mythologie

Geburt der Pallas Athene aus dem Kopf von Zeus. 1618 (aus Michael Maier: Atlanta Fugiens)

Die Mythen der Athene werden vor allem in den zwei Epen von Homer „Ilias“ und „Odyssee“ erzählt. Bereits Athenes Geburt zeigte ihr Wesen. Sie entsprang als erwachsene Frau aus dem Kopf (Haupt) ihres Vaters Zeus. Sie hatte bereits Rüstung und Speer und stieß einen Kriegsschrei aus. Hephaistos, der Gott der Schmiede, musste ihm dazu den Schädel einen Spalt öffnen. Zeus hatte zuvor Athenes Mutter, Metis, als sie schwanger war verschlungen. Somit war Athene mutterlos. Sie war durch und durch eine Vater-Tochter und ihm sehr nahe, war seine rechte Hand und hatte auch Vorrechte[Z. B. durfte sie seinen Donnerkeil verwahren, erhielt das Haupt der Medusa, und als Leihgabe das mystische Ziegenfell „Aigis„, mit dessen Hilfe man Gewitter heraufziehen lassen konnte. In Roschers Klassiker „Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie“ erhält sie daher auch den Beinamen „Göttin der Wetterwolke und des Blitzes“]

Ihre zentrale Rolle in der griechischen Mythologie war jedoch die Verbündete vieler Helden. Sie war ihre Schutzherrin, Beraterin, Unterstützerin. Im Gegensatz zur ihrem kriegerischen Gegenüber, dem Kriegsgott Ares (Mars), der mehr seiner Kampfeskraft vertraute gewann sie durch ihre strategische List mit ihren Helden fast alle Kriege und Auseinandersetzungen.

  • Im Trojanischen Krieg half sie den siegreichen Griechen und unterstützte vor allem Achilles, der eine zentrale Rolle in diesem Krieg hatte. Odysseus unterstützte sie bei der langjährigen Rückkehr.
  • Herakles half sie bei seinen zwölf Aufgaben.
  • Jason und den Argonauten half sie auf ihrer Fahrt, um das Goldene Vlies zu erobern und vorher beim Schiffbau.
  • Perseus half sie, das weibliche Ungeheuer Medusa zu enthaupten. Sie gab ihm das Spiegel-Schild und lenkte sein Schwert.

Waren Frauen und Männer miteinander im Streit, so war Athene als Vatertochter immer auf Seiten der Männer und verteidigte das Patriarchat.

  • Als Orestes angeklagt wurde, weil er seine Mutter getötet hatte, um seinen Vater zur rächen, verteidigte sie Orestes und gab ihm ihre entscheidende Stimme. Sie vertrat die Meinung, dass patriarchalische Prinzipien wichtiger sind, als die Mutter-Bindung.
  • Die Spinnerinnen – Gemälde von Diego Velázquez

    Als die Weberin Arachne es wagte, Verführungs- und Vergewaltigungen ihres Vaters darzustellen, wurde sie von Athene in eine Spinne verwandelt. Sie hatte auch behauptet, Athene in der Webkunst zu übertreffen.3

Athene – der Archetyp

Unverletzlichkeit

Athene gehört, wie Artemis und Hestia, zu den ‚jungfräulichen‚ Göttinnen. Das heißt, sie ist in ihrer Psyche unverletzlich und unversehrt. Sie richtet ihr Leben nicht nach Männern aus, sondern lebt ihre eigenen Prioritäten. Im Gegensatz zur Artemis und Hestia sucht sie aber die Gesellschaft von Männern. Sie kann die Gesellschaft von Männern genießen, beteiligt sich an ihren Aktionen, sucht Einfluss und Macht. Dabei ist sie jedoch meist nicht emotional und sexuell mit den Männern verflochten, übernimmt mehr die Rollen einer Kollegin, Gefährtin, Vertraute, auch rechte Hand.

Die Strategin

Athenes Weisheit ist die einer Strategin, beim Militär oder im Geschäftsleben. Auch die  Politik und in der Wissenschaft ist ihr Gebiet, wo sie ihre Stärken einsetzen kann. Dort kann sie ganz vorne stehen und ein Geschäft führen oder die Hierarchie aufsteigen. Sehr häufig ist sie jedoch nicht an der Spitze, sondern in der zweiten Linie, als Beraterin, rechte Hand des obersten Chefs, graue Eminenz, Think Tank. Sie kennt die Spielregeln der Macht, der Politik, der Einflussnahme, des strategischen Netzwerkens. Auch in den Beschreibungen der Mythen steht Athene meist unsichtbar hinter den Helden und flüstert ihnen Ratschläge zu – eine frühe Beschreibung der grauen Eminenz.

Die kunstfertige Frau

In Friedenszeiten zeigt Athene ihre Fähigkeiten in der weiblichen Kunst und im Handwerk. Sie produziert nützliche Gegenstände, die gleichzeitig sehr ästhetisch sind. An Vorderster Stelle steht hier das Weben, wo sie ihre Geschicklichkeit zeigt und andere darin lehrt.

Die Vaterstochter

Athene entsteigt bei ihrer Geburt dem Haupt des mächtigen Göttervaters. Häufig fühlt sie sich lebenslang zu solchen starken Männern mit Autorität, Macht und Verantwortung hingezogen. Oft sind es auch ältere Männer und sie steht zu ihnen mit voller Loyalität und verteidigt sie und ihre patriarchalischen Werte mit Zähnen und Krallen. Sie erwartet diese Loyalität aber auch von diesen Männern, egal ob sie Vorgesetzte, Mentoren oder Partner sind.

Mit Maß und Ziel

Athene hat das Auge für den goldenen Mittelweg.  Sie wird nicht von Extremen sondern vom Weg in der Mitte angezogen – in ihrem Denk und Handeln. Sie bevorzugt pragmatisches Denken, pragmatisches Handeln.

Gewappnet-Sein

Durch ihre Rationalität kann sich Athene gut vor Schmerzen schützen, vor ihren eigenen und den der Anderen. Sie behält in den härtesten und emotionalsten Auseinandersetzungen den Überblick, den kühlen Kopf und wird nicht durch Emotionen und Schmerzen abgelenkt, sie fühlt sie nicht. Sie nimmt Angriffe, Täuschungsmanöver oder Feindseligkeiten nicht persönlich, nimmt sie kühl zur Kenntnis und handelt entsprechen. Dadurch unterscheidet sie sich von Artemis, die schnell verletzt reagiert und in Wut gerät.

Die Entwicklung des Archetyps

Wenn athenische Fähigkeiten nicht von Anfang an vorhanden sind, werden sie oft durch die Erfordernis eine professionellen Handelns in der Ausbildung, im Studium und Beruf entwickelt. Auch ‚psychischen Notwendigkeiten‘, z. B. emotionaler Überflutung durch traumatische Erlebnisse können athenische Wirkungen zeigen: (kompensatorisch) lernen manche, Schmerzen und Gefühle wegzustecken und rational und professionell zu handeln.

Athene – die Frau

Was zeichnet eine Athene-Frau aus?

Die junge Athene

Schon sehr früh zeigt das Athene-Mädchen (wie Artemis) ihr Fähigkeit, sich zu konzentrieren. Dazu kommt ihre Intellektualität, die sich unter anderem in ihrer Liebe zu Büchern zeigt und ihrer Neugier, ihren ständigen Fragen, wie etwas funktioniert, warum etwas so ist usw.

Eltern

Am besten entwickeln sich Athene-Töchter bei einem starken, erfolgreichen Vater, der ihr hilft, ihre Potenziale zu entwickeln. Hat sie das Glück, eine Athene-Mutter zu haben, sind das sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten. Ansonsten fühlen sich Athene-Mädchen oft vor allem von ihren Müttern nicht verstanden und anerkannt.

Pubertät und Adoleszenz

Athene-Mädchen sind keine Problemkinder, auch nicht in der Pubertät. Sie konzentrieren sich auf die Schule und anderen Lernimpulsen und finden andere Mädchen ihres Alters oft dumm und unvernünftig.

Beruf

Eine Athene Frau hat beruflich klare Ziele, will etwas erreichen, etwas „aus sich machen“. Sie kann hart arbeiten, Prioritäten setzen und sich an die Erfordernisse des Berufs anpassen, um Erfolg zu haben.

Vielen Athene-Frauen genügt der Haushalt nicht, doch wenn, dann macht sie auch diesen professionell, geplant und organisiert.Als Lehrerin kann sie meist gut erklären, in der Kunst und im Handwerk stellt sie funktionale und ästhetisch ansprechende Gegenstände her. In der Wissenschaft hilft ihr ihr klares und rationales Denken Daten zu sammeln und sie zu analysieren und interpretieren. Auch in männerdominierten Berufen auf technischen, juristischen und kaufmännischen Gebieten reüssiert sie meist.

Frauen in Führungspositionen haben häufig einen starken Athene-Aspekt. Wie in der Mythologie führen sie ihre ‚Helden‘ zum Erfolg.

Beziehungen zu anderen Frauen – distanziert oder nicht existent

Beziehungen zu anderen Frauen laufen häufig auf Sparflamme, sie hat kein gesteigertes Bedürfnis danach. Schon in der Mythologie hatte Athene nur eine Freundin, Pallas, mit der sie aufwuchs, und die sie in einem Wettkampf aus Versehen mit einem Speer tötete. Zum Andenken übernahm sie ihren Namen, Pallas Athene. Weder mit traditionsgebundenen Frauen noch mit Feministinnen fühlt sie eine Seelenverwandtschaft, sie ist eher Verfechterin des patriarchalischen Status quo.

 Beziehungen zu Männern – nur Helden kommen in Frage

Athene fühlt sich zu Helden, zu starken, erfolgreichen, mächtigen Männern hingezogen, auch zu Aufsteigern. Macht fasziniert sie: entweder für sich selbst – oft mithilfe eines älteren, erfolgreichen Mentors oder an der Seite eines mächtigen Mannes – als Partnerin, Ehefrau, Gefährtin, Chefsekretärin, Verbündete usw. Macht kann für sie ein Aphrodisiakum sein. Und sie sucht starke, männliche Männer. Feinfühlige, sensible, sanfte Männer sind für sie Looser. Häufig wählt sie ihre Männer bewusst und rational – oft auch nach Nützlichkeits-Überlegungen.

Sexualtität

Sexualität ist keine zentrale Kategorie im Leben einer Athene Frau. Ihr Verstand dominiert oft ihr Körpergefühl. Männer werden eher als (väterliche) Mentoren gesucht, eventuell auch als (brüderliche) Gefährten, Kameraden oder Freunde.

Aber Sexualität gehört auch zu einer bestimmten Art von Partnerschaft oder Freundschaft dazu und wird „vollzogen“, nicht selten auch mit geschickten Liebes-Techniken.

Eheleben

Durch ihren Sinn fürs Praktische ist das Eheleben einer Athene Frau ist gut organisiert und geplant. Sie sorgt für Ordnung und auch die Kommunikation über äußere Ereignisse funktioniert meist gut.
In der Partnerschaft sucht sie entweder eine väterliche Mentoren-Beziehung oder eine kameradschaftlich-brüderliche Beziehung. Sie kann eine gute Verbündete oder Assistentin sein und großen Anteil an der Karriere des Mannes nehmen und eine Rolle als Ratgeberin haben. Sie ist eine hervorragende Partnerin auf gesellschaftlicher Ebene, spielt perfekte Gastgeberin. Auch die
Kommunikation über inneres Erleben und Befindlichkeiten finden kaum statt. Gefühle und Leidenschaft spielen meist keine Rolle. Dadurch ist auch kaum sexuelle Eifersucht im Spiel. „Ehe ist eine Partnerschaft, die beiden Vorteile bringt. Punkt.“ Partnerschaftliche Loyalität ist wichtiger als sexuelle Treue. Das unterscheidet sie von Hera. Beide bevorzugen starke mächtige Männer als Partner, ihre Erwartungen sind jedoch sehr unterschiedlich. Hera ist sehr eifersüchtig.
Empathie, Mitgefühl für verletzliche Gefühle und spirituelle Werte haben für die Athene-Frau meist keine Bedeutung. Zum Problem kann das für sie werden, wenn der Mann sich entwickelt und diese Werte für sich entdeckt. Dann kann es zur Scheidung kommen

Kinder

Athene-Frauen wollen mit ihren Kindern vernünftig reden. Sie können es kaum erwarten, dass ihre Kinder in ein entsprechendes Alter kommen. Instinktive mütterliche Gefühle wie sie Demeter- / Kore- / Erd-Mütter empfinden, wenn sie Säuglinge in ihren Händen halten und sich vielleicht wünschen, dass sie nie groß werden, sind Athene-Mütter meist unbekannt. Ersatzmütter, wie Haushaltshilfen oder Kindermädchen sind ihnen willkommen. Am liebsten haben Athene-Frauen Söhne, die leistungsorientiert, extrovertiert, erfolgreich und intellektuell neugierig sind. Auch mit Athene-Töchtern kommt sie gut zurecht. Mit träumerischen, emotionalen und ’schwierigen‘ Kindern, Heulsusen und Protest-Kindern kommt sie meist nicht zurecht – und die Kinder nicht mit ihr (was für diese noch härter ist). Athene-Mütter wollen, dass ihre Kinder selbständig sind und kämpfen lernen, aber auch ‚funktionieren‘ (tun, was von ihnen erwartet wird)

Midlife und Alter

Auf die Veränderungen in der Mitte des Lebens sind Athene-Frauen oft gut gewappnet, sie laufen oft ‚geordnet‚. Häufig erfolgt in der Mitte des Lebens eine grundlegende Bestandsaufnahme, gefolgt von einer Laufbahnplanung bzw. der Planung neuer Projekte. Auch die Wechseljahre erlebt sie gefasst, da ja der Intellekt wichtiger für ihr Selbstwertgefühl ist als körperliches Aussehen.

Dennoch kommen auch (Midlife-) Krisen in der Mitte des Lebens einer Athene-Frau vor, da in dieser Zeit häufig die ungelebten Anteile („ungelebte Göttinnen“) ins Bewusstsein kommen und sie aus dem (geplanten) Gleichgewicht bringen. Midlife-Krisen des Partners können dafür Auslöser oder Verstärker sein.

Gefahren, Schwächen und Schwierigkeiten von Athene-Frauen

Ein organisches Wesen ist so vielseitig an seinem Äußeren,
in seinem inneren so mannigfaltig und unerschöpflich,
dass man nicht genug Standpunkte wählen kann
es zu beschauen,
nicht genug Organe an sich selbst ausbilden kann,
um es zu zergliedern, ohne es zu töten. 4

 

Identifikation mit Athene

Die Identifikationen mit dem Athene-Archetyp bringt viele Vorteile, vor allem das professionelle Verhalten im Beruf, aber auch im privaten Leben: Man gerät nicht außer sich, verliert nie die Selbstkontrolle, entscheidet rational und entschlossen. Somit werden Athene-Frauen weder das Opfer anderer noch das Opfer ihrer Emotionen und impulsiven Ausbrüchen.

Aber das hat auch Nachteile. Sie hängt ihr Herz an niemanden. Sie genießt zwar die Gesellschaft anderer Menschen, vor allem von Männern, ist dabei ab er voll vom Verstand und von der Vernunft geleitet. Emotionale Intensität, Intimität, erotische Anziehungskraft und Leidenschaft, Ekstase und sonstige nicht-rationale Qualitäten fehlen ihr. Zwar erspart sie sich dadurch Schmerz, Trauer und Verzweiflung aber ihr entgeht auch die ganze Palette menschlicher Emotionalität.

Auch die Kräfte des Instinkts (Mutter-, Sexual-, Fortpflanzungs-Instinkt) und der tiefen Körper-Erfahrung („ganz im Körper sein“) kann sie nicht erfahren.

Es kann allerdings sein, dass durch äußere Ereignisse, die Druck nach innen bewirken oder durch innere Wandlungs- und Reifungs-Prozesse die Athene Frau plötzlich und unvorhergesehen mit Gefühlen konfrontiert oder sogar von ihnen überschwemmt wird, die zur Indiviuation und Ganz-Werdung beitragen.

Der Medusa-Effekt

Das Haupt der Medusa (ca. 1597) Gemälde von Caravaggio (1571 – 1610) Galleria degli Uffizi, Florenz

Medusa war eine mythologische weiblich Gestalt, die alle, die sie ansahen, erstarren und zu Stein werden ließ. Perseus war es gelungen, mit Athenes Hilfe Medusa zu enthaupten5. Seither ziert das Schild von Athene dieses Haupt.

Umgesetzt auf heutige Frauen heißt das, dass es Athene-Frauen gelingen kann, andere zur Erstarrung zu bringen, sie sprachlos zu machen, andere nicht mehr klar denken können oder sogar ‚lebenstötende‘ Wirkung auf die Erfahrungen anderer auszuüben. Ein intensives und sehr persönliches und lebendiges Gespräch kann dann z. B. ein oberflächlicher, statischer Faktenaustausch werden. Fehlt die Empathie, fehlt oft auch die Toleranz für die Probleme anderer Menschen und Schwächen werden unbarmherzig kritisiert.

Besonders stark ist dieser Effekt, wenn die Athene Frau aus einer Machtsituation heraus (z. B. Vorgesetzte) agiert. Wenn eine Person den prüfenden Blicken und engen Fragen eines analytischen, unpersönlichen Intellekts und eines steinernen Herzens ausgesetzt ist, erleben die Anderen vielleicht Gefühle der Versteinerung. Das nennt man den ‚Medusa-Effekt‘, wie ihn Goethe mit dem „Zergliedern ohne es zu töten“ angedeutet hat. Denn häufig sind sich die Medusa-Frauen ihrer Wirkung gar nicht bewusst. Sie wollen nicht Angst und Schrecken verbreiten, bloß Daten sammeln, strukturieren und analysieren, Fehler erkennen und Beurteilungen vorzunehmen, um zielbezogene Maßnahmen zu treffen. Es ist daher Aufgabe von Athene-Frauen, diesen Brustschild der Medusa bei sich zu entdecken und zu konstruktiv damit umzugehen.

List: „Tue, was zum Ziel führt“

Athene und Athene-Frauen sind strategisch stark. Das kann dazu führen, dass sie listig und rücksichtslos vorgehen, auch wenn sie meinen, bloß ihre Ziele erreichen zu wollen. Athene benutzte in Kriegen ‚schmutzige Taktiken‚.

Zum Beispiel schaukelte sie Hektor im entscheidenden Kampf gegen Achilles vor, sein Bruder wäre an seiner Seite. Hektor schleuderte seinen einzigen Speer und bemerkte erst dann, dass er allein war. Er verlor das Duell und damit war auch der Krieg für die Trojaner verloren.

Der Spruch „Der Weg ist das Ziel“ ist für Athene-Frauen bloßes Geschwafel, unsinniges Gerede. Für sie zählen Ergebnisse, die Erreichung von Zielen. Ob das auch fair oder moralisch ist, interessiert sie wenig. Das ist die dunkle Seite der Athene-Seele.

Selbstreflexion

Denke über folgende Fragen nach, um den Archetyp ‚Athene‘ mit Dir und Deinem Leben in Verbindung zu bringen.

  1. Wie sehr spricht dich die Mythologie und die Natur von Athene an?
  2. Wie sympathisch / unsympathisch ist sie dir in Summe?
  3. Welche Merkmale von Athene sprechen dich an / stoßen dich ab?
  4. In welchem Ausmaß glaubst du, dass sie in dir vorhanden ist?
  5. Wie stellst du dir deine innere Athene visuell vor?
  6. Welche Menschen in deinem Bekanntenkreis sind aus deiner Sicht eher Athene-Naturen?

Selbstdiagnose  für Frauen und Männer

Wie viel ‚Athene‘ ist in dir? Ein kleiner Selbst-Test befindet sich in meinem Blog: Kleiner Selbsttest zum Archetyp der Athene

Querverweise

Übersichtsblog: Weibliche Archetypen oder: Das ewig Weibliche im Menschen

Kleiner Selbsttest zum Archetyp der Athene

  1. Hegel: Grundlinien des Rechts, S. 14
  2. Das ist die Aussage von Jean Shinoda Bolen, einer bekannten Vertreterin der Analytischen Psychotherapie. „Erforsche deine Archetypen und du findest dich selbst“ Athene ist einer davon.
  3. In einem Gemälde von Diego Velázquez „Die Spinnerinnen“ wird die Szene der Verwandlung in eine Spinne dargestellt“
  4. J. W. von Goethe: Goethes Werke, Hamburger Ausgabe in 14 Bänden (HA) Band 13, S. 21, vgl. auch Danneberg in Schönert S. 275, FN117
  5. Ursprünglich war Medusa eine Vertraute von Athene. Sie verstoßt sie jedoch, als sie ihre Unschuld verliert. Vgl. Angel, Athene

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