Die Problemstellung
Die folgende Abbildung rechts enthält 4 Figuren mit je 2 Merkmalen: je ein schwarzes / weißes Quadrat und je einen schwarzen / weißen Kreis.1
Ich wähle eine Figur aus.
Ich nenne jetzt jene Figuren „THOG“, die entweder die gleiche Form oder die gleiche Farbe wie die von mir gewählte Figur haben, nicht jedoch beides. (ausschließendes Oder, Kontravalenz)
Und ich sage Ihnen: „Das schwarze Quadrat ist ein THOG.“
Sie sollten jetzt die anderen Figuren beurteilen:
- … ist definitiv ein THOG
- … kann nicht beurteilt werden (zu wenig Information)
- … ist definitiv kein THOG.
Die Aufgabe
Versuchen Sie die Lösung zu finden, bevor sie weiterlesen.
Die Lösung
- nur der weiße Kreis ist ein THOG
- die beiden anderen Figuren sind definitiv kein THOG
Wenn sie die Lösung nicht selbst gefunden haben, versuchen sie jetzt die Begründung zu finden.
Begründung
- Die von mir gewählte Figur kann nur ein weißes Quadrat sein (weiß stimmt nicht, Quadrat stimmt) oder ein schwarzer Kreis (schwarz stimmt, Kreis stimmt nicht).
- Ist die gewählte Figur ein weißes Quadrat, dann ist diese kein THOG (beide Merkmale stimmen) und auch nicht der schwarze Kreis (beide Merkmale sind falsch), wohl aber der weiße Kreis (weiß stimmt, Kreis stimmt nicht).
- Ist die gewählte Figur ein schwarzer Kreis, dann ist diese kein THOG (beide Merkmale stimmen) und auch nicht das weiße Quadrat (beide Merkmale sind falsch), wohl aber der weiße Kreis (weiß stimmt nicht, Kreis stimmt).
Hintergrund
Das THOG-Problem stammt von Peter C. Wason und ist eine sehr breit erforschte Problemstellung in der kognitiven Psychologie.2
Literatur und Links
Wason, Peter C., & Brooks, P.G. (1979). THOG: The anatomy of a problem. Psychological Research, 41, 79-90. https://doi.org/10.1007/BF00309425. Auch in: https://eurekamag.com/. https://eurekamag.com/research/006/801/006801145.php. Auch in: semanticscholar.org. https://www.semanticscholar.org/paper/THOG%3A-The-anatomy-of-a-problem-Wason-Brooks/4a7497add927bc50660759a87e471c03e4992e53.
Girotto, V. & Legrenzi, P. (1989). Mental representation and hypothetico-deductive reasoning. The case of the THOG problem. Psychological Research, 51, 129–135. https://doi.org/10.1007/BF00309308.
Auch aus: semanticscholar.org. https://www.semanticscholar.org/paper/Mental-representation-and-hypothetico-deductive-The-Girotto-Legrenzi/10e1d2507d69060799e7fc0f77e34a68ea70b7ad.
Pfeiffer, T. (1999). Vorwissenseffekte bei der THOG-Aufgabe. In: Gruber, H., Mack, W., Ziegler, A. (eds) Wissen und Denken. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08225-5.
Hintergrundliteratur
Bruner, J. S., Goodnow, J. J. & Austin, G. A. (1956). A study of thinking. New York, NY: Wiley.
Cheng, P. W., Holyoak, K. J., Nisbett, R. E. & Oliver, L. M. (1986). Pragmatic versus syntactic approaches to training deductive reasoning. Cognitive Psychology, 18, 293–328.
Evans, J. S. B. T. (1989). Bias in human reasoning: Causes and consequences. Hove, UK: Erlbaum.
Griggs, R. A. & Newstead, S. E. (1982). The role of problem structure in a deductive reasoning task. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 8, 297–307.
Griggs, R. A. & Newstead, S. E. (1983). The source of intuitive errors in Wason’s THOG problem. British Journal of Psychology, 74, 451–459.
Needham, W. P. & Amado, C. A. (1995). Facilitation and transfer with narrative thematic versions of the THOG task. Psychological Research, 58, 67–73.
Newstead, S. E., Girotto, V. & Legrenzi, P. (1995). The THOG problem and its implications for human reasoning. In S. E. Newstead & J. S. B. T. Evans (Hrsg.), Perspectives on thinking and reasoning (S. 261–285). Hove, UK: Erlbaum.
Newstead, S. E. & Griggs, R. A. (1992). Thinking about THOG: Sources of error in a deductive reasoning problem. Psychological Research, 54, 299–305.
Newstead, S. E., Griggs, R. A. & Warner, S. A. (1982). The effects of realism on Wason’s THOG problem. Psychological Research, 44, 85–96.
O’Brien, D. P., Noveck, I. A., Davidson, G. M., Fisch, S. M., Lea, R. B. & Freitag, J. (1990). Sources of difficulty in deductive reasoning: The THOG task. The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 42A, 329–351.
Smyth, M. M. & Clark, S. E. (1986). My half-sister is a THOG: Strategic processes in a reasoning task. British Journal of Psychology, 77, 275–287.
Wason, P. C. (1977). Self-contradictions. In P. N. Johnson-Laird & P. C. Wason (Hrsg.), Thinking: Readings in cognitive science (S. 114–128). Cambridge: Cambridge University Press.
Wason, P. C. & Brooks, P. G. (1979). THOG: The anatomy of a problem. Psychological Research, 41, 79–90.
Ziegler, A. & Schober, B. (1995). Smedslunds Zirkel oder die Repräsentations-Inferenz- Dichotomie beim logischen Schlußfolgern. Psychologische Beiträge, 37, 181–198.
Hintergrundlinks
https://en.wikipedia.org/wiki/THOG_problem.
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Wason#cite_ref-7.
https://de.wikipedia.org/wiki/Positive_Teststrategie.
https://de.wikipedia.org/wiki/Modus_tollens.
- Die THOG-Problemstellung in der klassischen Versuchsanordnung:
„Vor Ihnen sehen Sie vier Abbildungen:
Ein schwarzes Quadrat, ein weißes Quadrat, einen schwarzen Kreis und einen weißen Kreis.
Gehen Sie davon aus, dass ich eine der Farben (schwarz oder weiß) und eine der Formen (Quadrat oder Kreis) auf einen Zettel geschrieben habe. Lesen Sie jetzt sorgfältig die folgende Regel:
„Wenn, und nur wenn eine der Abbildungen entweder die Form hat, die ich aufgeschrieben habe, oder die Farbe hat, die ich aufgeschrieben habe, aber nicht beide, dann wird diese Abbildung ein THOG genannt.“
Ich sage Ihnen, dass das schwarze Quadrat ein THOG ist.
Jeder der Abbildungen kann in eine der drei folgenden Kategorien eingeordnet werden:
a, ist definitiv ein THOG
b, nicht genug Information für eine Entscheidung
c, ist definitiv kein THOG
Bitte ordnen Sie den Abbildungen eine der drei Kategorien zu.“
Aus: Pfeiffer, T. (1999). Vorwissenseffekte bei der THOG-Aufgabe. S. 2. - Die kognitive Psychologie ist der Teil, der sich vereinfacht gesagt mit rationalen Anteilen der menschlichen Psyche, bzw. mit der ‚intelligenten Informationsverarbeitung‚, z. B. mit Wahrnehmung und Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernen, sowie Denken und Problemlösen beschäftigt. ↵